25.10.2015 10:18 Uhr 20 Seemeilen querab von Porto
Wind hat es fast keinen mehr, aber die Dünung von Nordwest rüttelt uns ganz schön durch.
Keine Ahnung, wie es gewesen wäre, jetzt Leixoes oder Porto anzulaufen – wir werden es ja nicht tun. Zum Glück müssen wir es auch nicht – Ich habe keinerlei Bedürfnis, mir diese Dünung, die mich schon bei 50 Meter Wassertiefe beindruckt, bei 15 Metern (so tief ist es in der Hafeneinfahrt von Leixoes) anzuschauen. Ich glaube, der Crew geht es ebenso.
Wir fahren schön weiter bis zur Ria de Vigo, und laufen dort gegen Mitternacht ein.
Wenn alles gut geht. Andere Möglichkeiten gibt es an dieser Küste bis dahin leider keine mehr…
Deshalb heißt sie ja auch „Todesküste “. Für jemanden wie mich, der an der Ostsee aufgewachsen ist, wo sich alle paar Meilen ein Schutzhafen befindet, ist es ganz schön unwirtlich hier. Also dann: Noch 70 Meilen…
Sonntag, 25.10.2015 12:27 Uhr
Eben habe ich den Sextanten hervor gekramt, den ich freundlicherweise benutzen darf. Es dauerte eine Weile, bis es mir gelang, den Sonnenunterrand auf die Kimm zu ziehen. Meine erste Mittagsbreite auf diesem Schiff lag bei 41 Grad und 29 Minuten. Das GPS zeigte zu dem Zeitpunkt 42 Grad und 6 Minuten. 12 Seemeilen Unterschied. Das ist doch gar nicht sooo schlecht …
Dienstag, 27.Oktober 2015 23:59 Uhr
Schon 48 Stunden in Vigo. Vorgestern kurz vor Mitternacht liefen wir in diesen Hafen ein. Und ich bin nicht ganz sicher, wann wir hier wieder heraus kommen werden …
So kann es gehen, wenn man Ende Oktober auf dem Nordatlantik nach Norden fährt. Immerhin ist gestern ein weiteres Schiff aufgetaucht, das in die gleiche Richtung will, genauer nach Falmouth. Wir und diese zwei Engländer sind hier erst einmal auf eine Geduldsprobe gestellt, denn im Moment überlagern sich verschiedene Wettersysteme und führen zu Kreuzseen von bis zu 8 Metern Wellenhöhe. Die Teilnehmer des Transat-Jacques-Vabre, die vor wenigen Tagen in Le Havre gestartet sind, sind genau in diesen Sturm hineingeraten und müssen nun zum Teil abgeborgen werden. Na, wir sind ja zum Glück nur Fahrtensegeler. Schauen wir uns also Vigo an. Es regnet allerdings in Strömen …
Sonntag, 1.November 03:08 Uhr.
Noch ein paar Meilen bis A Coruña. Wir haben die Halloween-Nacht auf See verbracht und der Klabautermann ist nicht gekommen.
Heute Morgen sind wir aufgebrochen, nachdem wir 5 geschlagene Tage auf eine Weiterfahrt warten mussten. Ich will mich gar nicht beschweren, wir wurden von den Viguesen freundlich aufgenommen und ich muss sagen, Vigo ist auf jeden Fall einen Besuch wert.
Nichtsdestotrotz wissen wir ja auch, dass es in der norddeutschen Tiefebene bald zu schneien beginnt. Vor diesem Hintergrund wären wir schon gern schneller weiter gefahren – aber es ging einfach nicht.
Selbst heute morgen, als wir los wollten, gab es noch eine ‚Force 8’ – Warnung am Kap Finisterre. ‚Sea State: Rough’. Die englische Yacht, die vom ‚Falmouth Yacht Service’ überführt wird, ging dennoch raus.
Wir haben zunächst gezögert, denn die Wellenhöhe sollte bis zu 7 Meter betragen.
Dann beschlossen wir, die „Nase rauszustecken“. Als wir auf den „Kanal Norte“ zufuhren, eine der Ausfahrten der Ria de Vigo, zeigte der Windmesser noch in der Landabdeckung der Isla Cies über 30 Knoten. Wir zauderten kurz, waren drauf und dran abzubrechen, nach Baiona zu verholen und ins Cafè zu gehen, aber dann sind wir doch raus. Besegelung: 2-fach gereffetes Großsegel und minimale Genua. Windwinkel Raumschots. Bei 50 Meter Wassertiefe durften wir über Wellenberge staunen, die uns von Nordwest entgegenrollten. Hin und wieder ein Brecher, durch dessen Spitze, die im Süden stehende Sonne grünlich schimmerte. Es war aufregend, aber es hatte auch etwas ungemein Befreiendes, wieder unterwegs zu sein.
Die Anspannung wich, als wir merkten, dass die Situation stabil ist. Wir gingen in den Wachplan über.
Am späten Nachmittag umrundeten wir das Kap Finisterre in etwa 5 Meilen Abstand. Ein großer, roter Rettungsschlepper, der kurz vor uns in Vigo ausgelaufen war, fuhr am Kap parallel zu uns, als ob er uns beschützen wollte. Tatsächlich legten Wind und Welle genau am Kap noch einmal zu. Als die Nacht kam, und wir hinter die Abdeckung des Landes gerieten, entspannte sich die Situation.
Der neueste Wetterbericht meldete 5-6 Beaufort aus Nord für die nächsten 24 Stunden. Niemand war besonders scharf darauf, auf der Stelle zu segeln, deshalb liefen wir A Coruña an.
Montag, 02.November 2015 07:25 UTC
Am nächsten Tag stachen wir wieder in See. Die Überquerung der Biskaya stand auf dem Programm. Nach der Wetterlage sah es so aus, als ob wir in gut 2 Tagen in Brest nicht würden anhalten müssen, sondern gleich auf den Ärmelkanal zielen konnten.
Etwa 50 Meilen nördlich der galizischen Küste bemerkten wir plötzlich Wasser im Schiff. Es war nicht wenig und schwappte unter den Bodenbrettern hin und her. Die automatische Bilgepumpe beförderte es zwar hinaus, aber es kam immer neues Wasser nach. Die Ursache war zunächst völlig unklar. Erst dachten wir, dass es vom Ruderschaft kommen könnte, was wirklich beunruhigte. Dann aber, nachdem ich kurz davor war, nach Gijon abzudrehen, stellten wir fest, dass es vom Frischwassersystem stammte. Eine Schlauchschelle hatte sich gelöst und einen Teil des Wassertanks in die Bilge geflutet.
Die Überquerung der Biskaya verlief ansonsten eher unspektakulär. Eine ganze Strecke mussten wir unter Motor fahren. Erst 90 Meilen vor der französischen Küste, setzte der Wind wieder ein.